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Über den Autor Benjamin Zauberspiegel

Benjamin Zauberspiegel ist ein sehr bescheidener Mensch. Er spricht nicht viel über sich und rühmt sich seiner Studien nicht. Daher kann Ihnen, verehrter Leser, im Moment nur eine kurze Analyse seines Namens weiterhelfen. Seien Sie versichert, dass Sie sein Profil um so plastischer vor Augen sehen werden, als Sie die Geduld aufbringen, diese Zeilen zu lesen.

Sie kennen ZAUBERSPIEGEL? - Selbstverständlich nicht, denn Sie sind erwachsen und glauben nicht mehr daran. Sie glauben nur noch, dass es entweder krumme oder gerade Spiegel gibt, weil Sie das noch wissen aus dem Physikunterricht: Krumme Spiegel sind konvex oder konkav, was zur Folge hat, dass man in ihnen alles so merkwürdig sieht... Wobei die Merkwürdigkeit dann doch nicht so merkwürdig ist, weil man mithilfe der Naturwissenschaften alles berechnen und erklären kann. Es gab sogar Künstler, die mithilfe ihres mathematischen Wissens solche verzerrten Bilder gemalt haben. Der deutsche Maler Hans Holbein der Jüngere zeigte in dem Gemälde "Portrait der Gesandten" in dem verzerrten "Spiegel" des Vordergrundes einen Totenschädel.("Jean de Dinteville und George de Selve", Öl auf Eichenholz, 207 x 209 cm, entstanden 1533, National Gallery, London) - online auch zu finden unter:World Gallery of Art

Der eigenartige "Spiegel" ist in Wirklichkeit eine Anamorphose, die so "perfekt verzerrt" ist, dass der Betrachter seinerseits die ursprüngliche, unverzerrte Realität wieder sichtbar machen kann: die Realität, die er nicht sieht, weil der Maler sie auf dem Gemälde gar nicht offen zeigt. -

Wie kann nun der Betrachter etwas sehen, was er gar nicht sieht? ... was mit bloßem Auge gar nicht gesehen werden kann, und hätte man noch so scharfe Augen? - Ganz einfach: Indem der Betrachter seinerseits in einen Spiegel blickt, den er im richtigen Winkel zum Gemälde Holbeins in Position bringt, um hinter dem äußeren Schein der Dinge die zugrunde liegende Wirklichkeit zu erkennen: Memento mori.... denk an den Tod - im Tod sind alle Menschen gleich.

Dichtung und Literatur kennen darüber hinaus noch andere, viel kompliziertere Verzerrungen als die Bildende Kunst, die nicht auf mathematischem Wege zu entschlüsseln sind. Wer in den Spiegel der Kunst blickt, sieht darin immer sich selber, auch wenn es vermeintlich "die anderen" sind.

Sehe ich nun mein eigenes Bild in ihrem Spiegel verzerrt, werde ich geneigt sein zu behaupten, die Kunst selber sei krumm, dabei bin ich's.

In der Kunst nämlich gelten andere Gesetze als in den Naturwissenschaften: während hier ein gerader Spiegel ein Bild erzeugt, das der Wahrheit entspricht, kann in der Kunst nur ein krummer Spiegel die Wahrheit wiedergeben. Und während ein Optiker noch berechnen kann, wie groß die Krümmung der Brillengläser sein muss, damit Menschen mit krummen Augen alles wieder so sehen können, wie es tatsächlich ist, lässt sich in der Kunst rein gar nichts berechnen.

Künstler rechnen nicht. Wer im voraus die Wirkung seines Werkes berechnen will - und ob's was bringt und ob sich's lohnt, der kann alles werden und viel Erfolg haben auf der ganzen Welt - als Politiker, als Lehrer und als Banker, nur eins wird ihm nicht gelingen: die Kunst.

Der Spiegel, der keine Berechnung nötig hat, der immer und unter allen Umständen allen Menschen alles so zeigt, wie es ist, wäre ein echter Zauberspiegel. Um das zu können, was ein Zauberspiegel kann, müsste ein solcher Spiegel selber je nach Bedarf das eine Mal krumm und ein anderes Mal weniger krumm sein. Nur so könnte er sämtliche möglichen Verkrümmungen, Monstrositäten und Verkümmerungen ausgleichen. Er würde alles, was krumm ist, wieder gerade machen. Jeder, der in ihn blicken würde, könnte sich in ihm dann gleichzeitig so sehen, wie er wurde, wie er ist und wie er in Zukunft eventuell sein könnte. Denn der Spiegel würde jedem etwas anderes sagen und trotzdem immer die Wahrheit.

Nur wer die Wahrheit nicht will, würde dem Spiegel vorwerfen, er sei krumm.

Je krummer die Menschen, desto krummer müssen Zauberspiegel sein. Spiegelzauber? -

In der Stadt der Spiegel sieht man Autos fahren blank wie Spiegel, bewegen sich Menschen auf spiegelglatten Straßen, lassen gern sich spiegeln, aber ihre Spiegel zaubern nicht.

Was sonst noch bekannt ist über Herrn Zauberspiegel, ist sein Vorname: Benjamin.

Benjamin ist der kleinste und jüngste in der Reihe seiner Brüder, die alle den Zauberspiegel als Familiennamen teilen. Benjamins Brüder sind keine Zauberer und sie zaubern nicht. Ihr Name ist eben so, wie er ist. Da sie ihn sich nicht selbst ausgesucht haben und ihnen niemand mit Absicht diesen Namen gab, ist er völlig ohne Belang. So wie andere Menschen rote Haare haben - Zufall, sonst nichts. Bitte um Entschuldigung für das Missverständnis.

Aus einem Interview mit Benjamin Zauberspiegel.

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